Manchmal lügt der Kopf. Oder besser gesagt: Er hängt einfach hinterher. Hält sich an alten Mustern fest, während das Leben uns schon längst woanders hingeschubst hat.

Im Herbst 2024 stand ich an einem dieser Nullpunkte. Ich musste eine Wohnung nehmen, die ich nicht wollte. Kein Spielraum, keine Alternativen. Es war nicht einmal schlimm genug, um richtig wütend zu sein. Und genau das war das Bitterste daran. Ich war grantig – nicht auf die Umstände, sondern auf mich selbst. Warum war ich wieder hier? Warum hatte ich es nicht besser hinbekommen? Doch nicht zu sehr, denn ein klares „JA“ oder „NEIN“ wäre Verantwortung gewesen. Stattdessen ein bequemes „JEIN“, mit dem ich mich wunderbar vor Entscheidungen drücken konnte.
Nichts ist so schlimm, wie es scheint
Die Wohnung war eine Mini-Garconniere, nicht weit von meiner Schwester entfernt – immerhin ein Lichtblick. Ich wusste aber: Das war nichts Längerfristiges. Also fokussierte ich mich, visualisierte, manifestierte. Und plötzlich war sie da: eine neue Wohnung, in meiner Heimatstadt. In der Theorie eine gute Lösung, doch beim ersten Betreten des Stiegenhauses schlug mir ein stechender Gummigeruch entgegen. Oberhalb einer Werkstatt, unter mir ein Reifenlager – mein Bauch schrie: „Das ist falsch!“ Aber was tun, wenn keine Alternative da ist? Also nahm ich sie.
An dem Tag der Besichtigung wollte ich raus, den Kopf frei bekommen. Wanderschuhe an und ich suchte mir eine absurde Strecke aus – eine, die ich nie schaffen könnte. Vielleicht wollte ich mich selbst bestrafen. Vielleicht einfach nur irgendwas fühlen. Ich stapfte durch den Wald, bis mein Körper nicht mehr konnte. Dann setzte ich mich ins Gras und lag zwei Stunden einfach da. Wütend. Enttäuscht. Müdig, diese ständigen Kämpfe zu führen. Und dann brach es aus mir heraus: Tränen, Zorn, Frustration. Ich hatte mich selbst in diese Scheiß-Situation gebracht – und jetzt musste ich da durch.

Am nächsten Tag stand ich in einer KFZ-Werkstatt und unterschrieb den Mietvertrag. Ich nahm an, was war. Nicht aus Überzeugung, sondern weil ich musste. Doch eines wurde mir klar: Jede Not hat ihre guten Seiten. Meine Familie fing mich auf, wie sie es immer getan hatte. Sie konnten mir den Weg nicht abnehmen, aber sie waren da. Immer. Ich war schwach, aber ich war nicht allein.
Mich drauf einlassen – ein erster Deal!
Mit der Zeit begann ich, mich mit meiner Umgebung zu arrangieren. Ich ging spazieren, erkundete meine Hood, hörte auf, gegen alles anzukämpfen. Und dann, plötzlich, kam der Moment: Ich kündigte meine Wohnung. Ganz klar, ohne Zweifel. Es war Zeit.
Ich bin frei, ich habe eine neue Wohnung und die ist super! Besser gesagt, sie ist der Start von etwas ganz Großem. Das hier ist der Start von Marco Buttazoni – für mich, für alles, was kommt. Bin ich bereit? Keine Ahnung. Aber ich entscheide mich trotzdem dafür. Ich weiß, wo ich hin will, auch wenn in mir noch nicht alle Stimmen einer Meinung sind.

Und was bleibt am Ende dieser Geschichte? Ich bin nicht meine Umstände. Nicht meine Vergangenheit. Nicht meine Zweifel. Ich bin Marco. Hier. Jetzt. Und alles andere? Ist entweder vorbei oder noch nicht passiert. Und genau hier, im Jetzt, kann ich sein. Also bin ich.